UNIVERSITÄT OSNABRÜCK

Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung (NGHM)


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Überwachung. Macht. Ordnung – Die Osnabrücker Gestapo-Kartei

Sachverhalte der Osnabrücker Gestapo Kartei an den Wohnorten (1928-1945)

Karteien waren wesentlicher Teil des Wissenssystems der Gestapo. In ihnen speicherte die NS-Geheimpolizei Information über Personen, notierte Sachverhalte sowie Vorgänge und protokollierte damit ihr eigenes, verbrecherisches Handeln. Die umfassende Datenextraktion und digitale Auswertung dieser einzigartigen Quelle erlaubt einen zuvor nie dagewesenen Blick in die Überwachungs- und Repressionspraktiken der Gestapo, mit der sie die Bevölkerung des Regierungsbezirks Osnabrück durchdrungen hat. Zeit- und raumkritisch wird erfahrbar, wen die Gestapo wann, wo und aus welchem Grund erfasst hat. Space-Time-Pattern-Mining-Tools decken die Muster der Verfolgung auf und machen sichtbar, wie das NS-Regime versucht hat, die sog. Volksgemeinschaft Wirklichkeit werden zu lassen. Text Mining der Auftragungen macht sichtbar, wie sich die Vorstellung Gestapo von der Volksgemeinschaft in den 12 Jahren des NS-Regimes verändert hat.

Vorderseite einer Karte der Osnabrücker Gestapo Kartei (Quelle: NLA OS Rep 439 Nr. 3227)

Das Beispiel der Osnabrücker Gestapo Kartei führt vor Augen, welche Rolle das NS-Regime der Wissensproduktion bei diesem Vorhaben zugemessen hat. Anders als ihre Vorgängerorganisation, der Staatsschutz der Weimarer Republik, nutze die Gestapo die Kartei von Anfang an flächendeckend zur Sammlung von umfassendem Wissen über die Bevölkerung und handelte – mit nahezu unbegrenzter Macht – auf seiner Basis. Die digitale Replik der Osnabrücker Gestapo Kartei, die in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesarchivs und den Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht im DFG-geförderten Forschungsprojekt Überwachung. Macht. Ordnung. Personen- und Vorgangskarteien als Herrschaftsinstrument der Gestapo hergestellt wurde, erlaubt eine tagesgenaue Rekonstruktion der Genese der Gestapo Kartei. Die digitale Analyse dieses Wissensbestand lenkt die Aufmerksamkeit auf einen wichtigen, aber bislang weitgehend vernachlässigten Aspekt des NS-Regimes sowie seiner Verbrechen, zeigt die Pfadabhängigkeiten auf, die damit einhergingen, und eröffnet darüber einen Zugang zu den Konsequenzen für die Wirklichkeitskonstruktion und Weltsicht der Gestapo.

 

Projektleitung:

Prof. Dr. Christoph Rass

Wissenschaftlicher Mitarbeiter/ Projektkoordinator:

Dr. Sebastian Bondzio